Fahrt nach Rotterdam und Fährüberfahrt
Am Sonntag, dem 14. September, wurde ich schon um 7 Uhr aus dem Bett geholt – könnt ihr euch das vorstellen? Am Sonntag! Um sieben Uhr! Aber es gab einen guten Grund dafür, da ich als tierische Begleitung von insgesamt 38 Schülerinnen und Schülern der zehnten Klassen in das Land der Mythen, Dudelsäcke und Highland-Kühe fahren durfte – nach Schottland.
Nach einem schnellen Frühstück packte Paula mich in ihren Rucksack. Kurz vor acht marschierten wir so zum Magdeburger ZOB. Dort herrschte schon richtig Trubel, obwohl die Sonne gerade erst aufgegangen war. Ich hingegen blieb gemütlich in meiner Rucksackhöhle und beobachtete das ganze Spektakel durch einen kleinen Spalt zwischen den Reißverschlüssen. Gegen 8:45 Uhr ging es endlich los – und ich sag’s euch: Noch länger hätte ich die Spannung nicht ausgehalten! Während der Fahrt lauschte ich den Gesprächen, die im Bus hin und her schwirrten, und spielte heimlich mit beim Spiel „Pass auf, was du sagst“. Niemand ahnte, dass ich gar kein gewöhnliches Plüschtier bin.

Die Lehrkräfte, Frau Latza, Frau Rahneberg, Frau Pößel und Herr Quaas, überstanden die fast neun Stunden Fahrt mit einer beachtlichen Menge Kaffee. Nach mehreren Pausen erreichten wir schließlich den Hafen in Rotterdam. Dort wartete schon unser schwimmendes Riesenhotel – die Pride of Rotterdam. Damit mich keiner nach meinem Reisepass fragte (Bobcats haben sowas schließlich nicht), blieb ich mucksmäuschenstill im Rucksack. Erst an Bord steckte ich vorsichtig meinen Kopf heraus. In einer Vierbettkabine mit Paula, Alina und zwei weiteren Mädchen machte ich es mir gemütlich und blickte durch das Bullauge aufs offene Meer. Ich hatte groß getönt, dass mir so eine Überfahrt nichts ausmachen würde… tja, als das Schiff dann wirklich ablegte, wurde mir doch ein bisschen flau im Bauch. Zum Glück verlief alles ruhig – na ja, fast. Ein bisschen Seegang in der Nacht ließ mich schon mal leicht im Bett hin und her rutschen.
Ankunft in England und Weiterreise nach Schottland
Am nächsten Morgen, gegen sechs Uhr britischer Zeit (eine Stunde später als in Deutschland), legte die Fähre im englischen Hull an. Im Showroom warteten alle darauf, endlich von Bord zu dürfen – und das dauerte ewig! Ich hatte schon Angst, mein Fell würde bis dahin grau werden. Endlich im Bus, fuhren wir im Linksverkehr durch grüne Landschaften, vorbei an Schafen, Kühen und noch mehr Schafen. Unser erstes Ziel war Gretna Green, gleich hinter der schottischen Grenze.

Dort konnten früher junge Liebespaare heiraten, ohne ihre Eltern um Erlaubnis zu fragen. Ich war froh, dass niemand auf die Idee kam, mich zu verheiraten. Dann ging es weiter nach New Lanark, eine alte Textilfabrik-Siedlung mit spannender Geschichte. Typisch schottisch empfing uns feiner Nieselregen, aber ich war sicher in Paulas Jackentasche verstaut. In einer Ausstellung fuhren wir in kleinen Gondeln durch die Geschichte des Mädchens Annie McLeod, das dort gearbeitet hatte. Es war spannend, aber auch traurig, sogar ein kleiner Bobcat musste da mal schlucken.

Am Abend erreichten wir endlich das Hostel in Glasgow. Ich war so müde, dass ich direkt auf Paulas Kissen eingeschlafen bin.
Erkundung Glasgows und weitere Sehenswürdigkeiten
Nach einem eher einfachen Frühstück (kein Lachs, keine Milch – eine Enttäuschung für einen Bobcat) starteten wir zur Stadtführung. Ein echter Schotte mit wunderbarem Akzent (so wie in den Hörverstehensübungen im Englischunterricht) zeigte uns seine Stadt: die Glasgow Cathedral, das älteste Haus Glasgows, einen Aussichtspunkt mit tollem Blick und den prächtigen Doulton Fountain. Nach der Tour durften alle noch auf eigene Faust losziehen. Danach fuhren wir weiter zum Wallace Monument, das dem berühmten Freiheitskämpfer William Wallace gewidmet ist. Der Weg dorthin? Ein Berg! Glück für mich – ich wurde getragen. Im Inneren führte eine enge Wendeltreppe zu vier Ebenen mit Ausstellungen über Wallace und andere schottische Helden. Ganz oben gab’s eine Aussichtsplattform – wunderschön, aber mir wurde schon beim Hinsehen schwindlig. Zum Abschluss des Tages ging es zum größten See Schottlands: Loch Lomond. Kein Badewetter (zum Glück!), aber ein traumhafter Ausblick, der von einem Regenbogen komplettiert wurde.

Edinburgh
Früh am nächsten Morgen rollte der Bus Richtung Edinburgh. Ich versuchte, unterwegs alle Schafe zu zählen, aber nach 134 verlor ich den Überblick. Nach einer schwierigen Parkplatzsuche kamen wir unterhalb des Edinburgh Castle an. Unser erstes Ziel war St. Mary’s Close – eine Tour durch die unterirdische Altstadt. Die Führerin erzählte gruselige und spannende Geschichten über das Leben früherer Bewohner. Ich fand es faszinierend und ein kleines bisschen unheimlich. Danach hatten alle Freizeit. Paula und Alina erkundeten die Stadt, stöberten in Souvenirläden und ich durfte mit. Edinburgh ist wirklich beeindruckend: alte Gassen, viele Dudelsäcke und ein Hauch von Magie in der Luft. Um 16:15 Uhr trafen sich alle am Holyrood Palace, um die Rückfahrt nach Glasgow anzutreten. Auf dem Weg zurück bewunderten wir noch die riesigen Kelpies – zwei majestätische Pferdeköpfe aus Metall, die an schottische Wassergeister erinnern.

Rückreise nach Hull
Am Donnerstagmorgen hieß es: Abschied nehmen. Alle außer mir mussten Betten abziehen und Taschen packen. Punkt acht startete der Bus Richtung Hull. Da alles reibungslos lief, gönnten die Lehrkräfte ihren Schützlingen noch einen zweistündigen Aufenthalt in York. Dort schlenderte ich mit Paula durch die engen Gassen, bestaunte alte Gebäude und roch den Duft frisch gebackener Scones.
Ich kann euch sagen: Für einen kleinen Bobcat war das eine riesige Reise! Schottland – mit all seinen Burgen, Seen, Regenbögen und Geschichten – werde ich so schnell nicht vergessen. Und wer weiß… vielleicht zieht es mich ja irgendwann wieder dorthin.
Text: Alina Sofia Lehmann
Bilder: Paula Lahne, Alina Sofia Lehmann

